«Seit Jahren versprechen Bundesrat und die rechtsbürgerlichen Parteien der Bevölkerung mehr Markt und mehr Ökologie in der Landwirtschaft. Aber den Worten folgen keine Taten. Dringende Massnahmen werden auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben und selbst bescheidene Fortschritte infrage gestellt, besonders bei den Pestiziden und Düngemitteln», sagt Nationalrätin Kathrin Bertschy.
Ziele verfehlt
Seit der letzten grundsätzlichen Debatte zur Agrarpolitik (Agrarpolitik 14-17) sind zwei Legislaturen vergangen, ohne dass sich etwas bewegt hat. Die verlorene, reformfreie Zeit fällt in der Landwirtschaft besonders schwer ins Gewicht, da die Investitionen oft für lange Zeiträume erfolgen (Gebäude, Maschinen). Falsche Anreize haben daher Auswirkungen für Jahrzehnte. Die Folgen werden nicht zuletzt die Bauern tragen müssen, da die heutige Landwirtschaftspolitik ihnen bei der nötigen Transformation hin zu einer klima- und umweltschonenden Produktion Hindernisse in den Weg stellt, anstatt sie zu unterstützen.
Das ursprüngliche Ziel der AP22+ war einerseits über Anpassungen der Direktzahlungen die Effizienz der Betriebe zu stärken. Andererseits sollte sie die Umweltbelastung und den Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen reduzieren. Der Entwurf, den der Nationalrat nun in der Frühjahrssession behandelt, erfüllt keines dieser Ziele mehr. Der Bundesrat formuliert zwar in seinem Bericht «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik» [1] eine gute Vision einer nachhaltigen Landwirtschafts- und Ernährungspolitik. Die Umsetzung der dafür notwendigen Massnahmen verschiebt er aber auf den Sankt-Nimmerleins-Tag und auf nächste Etappen nach 2030. Diese Verzögerungstaktik ohne echte Perspektiven auf Besserung ist nicht weiter akzeptierbar.
Der Handlungsbedarf ist gross, die wissenschaftlichen Befunde klar
Der Handlungsbedarf bleibt gross, die nötigen und wissenschaftlich abgestützten Massnahmen liegen längst auf dem Tisch. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Der Bericht «Wege in die Ernährungszukunft der Schweiz» [2] enthält einen Leitfaden zu den grössten Hebeln und politischen Pfaden für ein nachhaltiges Ernährungssystem. Und der Bericht «Biodiversitätsschädigende Subventionen in der Schweiz» [3] zeigt deutlich auf, welche Staatsgelder der Biodiversität schaden, anstatt sie zu schützen.
Immerhin, ein positiver Punkt der AP22+ ist zu erwähnen: Lebenspartner:innen von Bäuerinnen und Bauern werden endlich sozial besser abgesichert.